Corona-Krise – und kein Grund zum Danken?

»… sagt in jeder Lage Dank;
denn so will es Gott von euch in Christus Jesus.«

1. Thessalonicher 5,18  (Menge 1927)

Diese Woche kam nach einer langen Periode der Trockenheit der ersehnte Regen, um den mancher gebetet hatte: Was für eine Erfrischung, und wie dringend notwendig für das Land! Haben wir dafür unserem Schöpfer gedankt, wohl wissend, dass ER es ist, der unser Leben erhält und uns versorgt? Dankbarkeit ist eine Haltung der Ehrerbietung …

Aber ist Dankbarkeit jetzt tatsächlich angebracht, wo die Nöte doch so gross sind und teilweise täglich zunehmen? Da sind am Corona-Virus Erkrankte, Sterbende, trauernde Angehörige; dann auch die Arbeitslosen, die, deren Unternehmen zusammenbrechen, die in Pflegeheimen “eingesperrten Betagten”, und die durch Ausgangssperren bedrückten Mitmenschen … und dies verknüpft mit verbreiteter Hilflosigkeit und der brennenden Frage: “Wie lange noch?” Zudem wissen wir um die sehr unterschiedlichen und gegensätzlichen Entscheidungen der Regierenden in Kantonen, Ländern und Staaten. Wissen sie wirklich, was sie tun und was für uns gut ist?

Die Heilige Schrift ist Gottes Wort, hier redet der eine-einzige lebendige Gott zu uns, spricht in unser Leben und unsere Nöte hinein. Und ER ist es, der zur Dankbarkeit aufruft. In der Regel sind wir es gewohnt, genau hinzuhören – und wir haben unsere eigenen Überzeugungen. Sicher sagt Gott nicht, wir sollten immer dankbar sein, sicher nicht für jede Lebenssituation – oder?

Den Christen in Thessaloniki schrieb der Apostel Paulus das oben zitierte Wort: »Sagt in jeder Lage Dank!«; und für Zweifler (auch Christen kennen Zweifel!) fügt er durch Gottes Geist hinzu, dass das der Wille Gottes ist! – Aber sicher gibt es Ausnahmen, oder? Im Brief an die Gemeinde in Ephesus schreibt er: »… sagt Dank Gott, dem Vater, allezeit für alles, im Namen unseres Herrn Jesus Christus.« (Eph. 5,20/Luther 1984) – Geht es uns “blendend” und wir haben keinen Mangel, dann dürfte es einfach sein, Dankbarkeit auszudrücken. Aber in Zeiten von Tod und Krankheit, in Hungersnot und Kriegen, in Tagen des Leidens oder Monaten der Verfolgung wegen des Glaubens an Jesus? Es gibt keinen Zweifel daran, dass es Gottes Wille ist, dass wir »in jeder Lage« und »allezeit für alles« IHM Dank erweisen sollen – IHM, der nie einen Fehler macht, IHM, der den Kosmos in Gerechtigkeit und Weisheit regiert und lenkt.

Unvergesslich, auch erschütternd, ist der Bericht von der völligen Heilung von zehn an Aussatz erkrankten Männern durch Jesus (Luk. 17,11-19). Sie wünschten sich Heilung von der Seuche, sie riefen um Erbarmen, wohl wissend, dass nur Jesus helfen könnte. Und alle werden gesund, rein von der Krankheit – doch nur ein einziger kommt zu Jesus zurück, um IHM von Herzen zu danken. Dieser, ein in Israel geringgeachteter Ausländer, lobt Gott laut und fällt anbetend vor Jesus »auf sein Angesicht«! Kurz darauf fragt Jesus: »Sind nicht die zehn rein geworden? Wo sind aber die neun? Hat sich sonst keiner gefunden, der wieder umkehrte, um Gott die Ehre zu geben, als nur dieser Fremde?« Und ER segnet ihn, lobt seinen Glauben.

Ist es bei uns hier in der Schweiz nicht noch viel schlimmer? Jedenfalls kann ich keine “zehn Prozent” sehen, die dankend Gott die Ehre geben. Hiess es nicht kürzlich in den Medien, die Schweiz sei weltweit der allerbeste Ort zum Leben? Wo aber bleibt unsere “solidarische” Dankbarkeit gegenüber Gott? Sogar die Kirchen sind alle “von Staats wegen” geschlossen, selbst für Dank-Gebete sind sie zugesperrt! Ganz offensichtlich regiert in Bezug auf Gott Undank.

Fehlende Dankbarkeit ist auch Sünde, neben all dem anderen, wo wir vor Gott und Menschen schuldig sind. Doch grad deswegen wurde Jesus Mensch, starb am Kreuz und ist auferstanden; als Thomas IHN dann so sah, betete er dankbar an: »Mein Herr und mein Gott!« (Joh.20,28) Anbetung ist die höchste Form der Dankbarkeit – und diese gebührt allein Gott! Grad jetzt!

© Pfarrer Reinhard Möller