Corona-Krise – Virus oder Siegeskranz und Krone?

Jeder aber, der kämpft, ist enthaltsam in allem;
jene freilich, auf daß sie eine vergängliche Krone empfangen, wir aber eine unvergängliche.

1. Korinther 9,25  (Elberfelder 1905)

COVID-19 hält seit Wochen die ganze Welt in Atem – verdient aber sicher keine “Siegerkrone”, obgleich das Virus so heisst: “corona” ist das lateinische Wort für den Siegeskranz oder die Krone; das griechische Wort dafür ist (in Umschrift): “stephanos”. Auch die Sportler der Antike wollten gewinnen, und wer von ihnen siegte, bekam den “Siegeskranz” als Auszeichnung. Dies Bild ist so vertraut, dass es gleichnishaft in der Bibel verwendet wird und in Sprichwörter Eingang fand, wie: “Ein Kranz ist leichter gewunden, als ein guter Kopf dafür gefunden”.

Das unsichtbare Corona-Virus wünscht sich niemand, und dennoch haben es zahllose Menschen in den letzten Monaten bekommen; für einige Tausend war es gar tödlich. – Den Siegeskranz im Sport bekam in der Antike einzig der, der bis zum Schluss durchgehalten hatte; es war Zeichen für Ausdauer und Sieg. – Im Neuen Testament finden wir den entsprechenden Ausdruck über zwanzigmal. Die Verwendung des Wortes ist herausfordernd und nachdenkenswert:

Zuerst begegnet uns der “Siegeskranz” in den Evangelien als Zeichen der Verachtung und des Spottes. Pilatus liess Jesus geisseln und bestätigte zugleich dessen Unschuld, doch: »Jesus kam heraus und trug die Dornenkrone und das Purpurgewand. Und Pilatus spricht zu ihnen: Seht, welch ein Mensch!« (Joh. 19,5/Luther 1984) Für Christen ist die Dornen-Corona Zeichen der stellvertretenden Leiden Jesu, der zugleich ewig der König aller Könige ist. Und deshalb sehen wir IHN im Glauben »durch das Leiden des Todes “gekrönt mit Preis und Ehre”; denn durch Gottes Gnade sollte er für alle den Tod schmecken.« (Hebr. 2,9/Luther 1984). So ist die Dornenkrone zugleich Zeichen des Sieges über alle Finsternis und Krone ewiger Herrlichkeit!

Dann begegnet uns der “Siegeskranz” in Bezug auf die Christen als unzerstörbare “Siegeskrone”, die der einzelne Gläubige am Ende seines geistlichen Lebensweges aus Gottes Hand empfangen wird. Der anfangs zitierte Bibelvers spricht von jener Krone, und nennt sie »unvergänglich«; was der lebendige Gott schafft und gibt, hat diesen Ewigkeitscharakter. So spricht Jakobus mit Bezug auf die Ewigkeit von der »Krone des Lebens« (Jak. 1,12), wie Jesus in Offb. 2,10 sie der Gemeinde zusagt, die »getreu bis an den Tod« überwindet und glaubt. Der Apostel Petrus nennt sie »die unvergängliche Krone der Herrlichkeit« (1. Petrus 5,4/Luther 1984).

Es darf nicht übersehen werden, dass die Erfüllung dieser Verheissung im Wort Gottes immer ganz eng mit der Wiederkunft von Jesus verknüpft wird. Der Apostel Paulus rechnet damit, dass er dann diejenigen wieder treffen wird, denen er das Evangelium bezeugte; vor Jesus sind sie dann sein »Ruhmeskranz« (1. Thess. 2,19). An jenem Tag – so seine feste Gewissheit – wird er aus der Hand des »gerechten Richters« zusammen mit »allen, die Sein Erscheinen mit Liebe erwartet haben« den »Siegeskranz der Gerechtigkeit« erhalten (2. Tim. 4,8/Menge 1939). Diese Hoffnung ist nicht materiell, doch sie ermutigt und trägt durch Zeiten von Anfechtungen.

Im letzten Buch der Bibel werfen wir einen Blick vor den Thron Gottes. Älteste knien nieder und sagen anbetend: »HERR, du bist würdig, zu nehmen Preis und Ehre und Kraft; denn du hast alle Dinge geschaffen …« (Offb. 4,10.11/Luther 1912) Doch zuvor nehmen sie ihre Kronen und legen diese vor dem Thron Gottes nieder, denn Anbetung und Demut tragen keine Siegeskrone.

Bleibt noch die Anekdote vom Pastor, dem die Ältesten der Gemeinde die “Krone der Demut” überreichten, weil er der Demütigste am Ort wäre. Am folgenden Sonntag wurde sie ihm wieder abgenommen, weil er die Krone angenommen hatte – er war nicht demütig genug gewesen …

© Pfarrer Reinhard Möller