Corona-Krise – Bewunderung, aber kein Glaube?

»Wer mein Wort hört und
dem glaubt, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben …«

Johannes 5,24  (Zürcher Bibel 2007)

In den vergangenen Wochen gab es – im deutschsprachigen Europa – überwiegend Lob für unsere Regierungen und Regierungssprecher, obgleich sie enorme Einschränkungen der Grundrechte und breite Auflagen verkündeten. Seit einigen Tagen wächst die Kritik, weil Entscheide hinterfragt werden und gegensätzliche Stimmen von Fachleuten bekannt wurden. Respekt ja, Vertrauen schon weniger.

Der russische Schriftsteller Graf Leo N. Tolstoj schrieb über 20 Volkserzählungen, die Christen gerne gelesen, zitiert und verbreitet haben, doch war er selbst Christ? Aus seinen Werken und Briefen wissen wir: Für die Bergpredigt Jesu hatte er Hochachtung, doch ansonsten erstellte er sich sein eigenes Evangelium, indem er sich aus verschiedenen Evangelientexten eines zurechtschnitt und zusammenklebte. Ein Christ »nach der Bergpredigt«? – Diese Position gab es auch immer wieder unter deutschen Politikern: Sie fanden lobende Worte für die Bergpredigt von Jesus (Matthäus 5-7), konnten sie auch als massgeblich bezeichnen, doch sonst wollten sie mit dem Evangelium oder der Bibel als Gottes Wort praktisch nichts zu tun haben. Auf der einen Seite Worte der Bewunderung – doch dann fehlte es an der Konsequenz zum Glauben.

Immer wenn ich Politikerlob zur Bergpredigt hörte oder las, fragte ich mich bald einmal, ob der Betreffende überhaupt jemals diese Rede Jesu genau gelesen hatte; ja, ich bezweifle das sehr! Denn wer als Nicht-Christ die Bergpredigt gelesen hat, der kommt an den deutlichen Worten des Sohnes Gottes nicht vorbei, die scheiden – und die damit auch zur Entscheidung aufrufen:

[1] Jesus betont, dass niemand zugleich dem Geld und Gott dienen könne (Mt. 6,24), um dann Gottes umfassende Fürsorge für die Schöpfung und den Menschen anzusprechen. ER sorgt für die Vögel – der einzelne Mensch ist IHM mehr wert als jeder Spatz. ER erschuf Pflanzen, die prächtiger sind als es König Salomo war, und die doch rasch vergehen – ER will für uns noch besser sorgen als für die Pracht der Pflanzenwelt. Und dann fügt er unterscheidend hinzu: Die Nicht-Glaubenden streben nach dem Materiellen, für das eigentlich Gott sorgen möchte; der Glaubende dagegen strebt nach Gottes guter Herrschaft und Gerechtigkeit (Mt. 6,25-34) – welch ein Kontrast!

[2] Noch ein zweites Beispiel aus der Bergpredigt, und es ist dieses Wort von Jesus, das jeden Leser schockierend wachrütteln müsste, uns bis ins Innerste erschüttern sollte. Und hier bezweifle ich, dass Politiker oder Philosophen, die Jesus wegen der “Goldenen Regel” (Mt. 7,12) und der Bergpredigt “bewundern” auch diese Verse bewusst einbeziehen: »Geht hinein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und viele sind’s, die auf ihm hineingehen. Wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind’s, die ihn finden!« (Mt. 7,13.14/Luther 1984)

Wer wollte es “bewundern”, dass Jesus die Wahrheit aufzeigt, dass alle Menschen – ohne jede Ausnahme – auf dem Weg in die Verdammnis sind? Wie reagieren wir, wenn ER uns sagt, dass der Weg zum Leben durch eine »enge Pforte« führt? Dabei ist Jesus selbst die Tür zum Leben, der einzige Weg zum Frieden und weg von ewiger Gottverlassenheit in der Verdammnis. Jesus ist Gottes vollkommenes und einziges Gnadenangebot: »Ich bin in die Welt gekommen als ein Licht, damit, wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe. Wer mich verachtet und nimmt meine Worte nicht an, der hat schon seinen Richter: Das Wort, das ich geredet habe, das wird ihn richten am Jüngsten Tage.« (Joh.12,46.48/Luther 1984) – Der lebendige Gott wartet nicht auf unsere “Bewunderung”, ER will Glauben und demütig-ehrliche Anbetung, nicht weniger!

© Pfarrer Reinhard Möller