Corona-Krise – Christen: unverstanden und verachtet?

»… nichts kann den HERRN daran hindern,
zu helfen, mit vielem oder wenigem.«

1. Samuel 14,6  (Zürcher Bibel 2007)

Seit fünfzig Jahren beobachte ich unsere Medienlandschaft; dabei fällt beispielsweise auf: Selbst wenn ein Sportanlass vor Ort wenig oder gar keine Zuschauer hat, Zeitungen, Radio und TV berichten darüber – und selbst wenn christliche Gottesdienste von Hunderten oder Tausenden besucht werden, meistens gibt es dazu gar keinen Bericht in den Medien. Sind verzerrte Proportionen nicht auch “Fake-News”? Ausgewogenheit sieht sicher anders aus!

Vor zwei Monaten fand in Mulhouse/Frankreich ein mehrtägiges christliches Treffen mit über 2000 Teilnehmern statt. Von diesem – so die Medien – breitete sich das Virus in die Schweiz, nach Afrika und Lateinamerika aus. Seitdem wird hier die grösste Quelle der Erkrankungen für  das Elsass und drüber hinaus gesehen, wie die Zeitungen der Nordwestschweiz laufend wiederholten, dann auch englischsprachige Medien es verbreiteten. Das mag stimmen; doch es fiel auf, dass der erste mit Corona bestätigte Patient schon einen Tag nach der Konferenz in einem regionalen Spital aufgenommen wurde, der sich zuvor in Spanien aufgehalten hatte. Erst drei Tage später, am 29.2.2020, gab es den ersten Fall mit Bezug zum Christentreffen.

In den folgenden Wochen verknüpften unsere Medien immer wieder Kirchen und Freikirchen mit dem Corona-Virus; dasselbe geschah in den USA und andernorts. Am 8.4.2020 brachte die bz einen Bericht über die Lage in Lateinamerika, der den Titel trug: “Ärzteexport, Drogendeals und Stossgebete”. Der letzte Abschnitt war überschrieben: “Wer hat den absurdesten Plan gegen die Pandemie?” und benannte zwei südamerikanische Staatspräsidenten, die zu “Beten und Fasten” aufgerufen hatten. Zu Brasilien wurde extra betont, dass der Präsident den evangelikalen Kirchen die Gottesdienste nicht untersagt habe – zugleich aber verschwiegen, dass zahllose christliche Gemeinden bereits vorher auf Gottesdienste verzichtet hatten und sich höchstens noch in Kleinstgruppen trafen; von Pastoren baptistischer, methodistischer und presbyterianischer Gemeinden liegen mir deren Begründungen vor. – Beten und Fasten als “den absurdesten Plan” zu bezeichnen, zeugt wohl von einer Geringschätzung der Christen – oder?

In Grossbritannien waren ein Mann, seine Mutter und seine Schwester an Corona erkrankt; er war nahe am Tod, hat aber überlebt. Karfreitag interviewte ihn ein Radiosender, und er sagte: “Ein starkes Bild, das mir innerlich vor Augen stand [als ich auf der Intensivstation lag], war das Bild, als Jesus den Sturm auf dem See Genezareth stillte; und ich denke, dass Jesus so zu mir trat und mir in der Stunde der Not half.” – woraufhin der Journalist allen Ernstes meinte: “Das [Bild] hing doch wohl zum Teil mit den Medikamenten zusammen, die sie wegen der Beatmung nehmen mussten, und die das dann ihren Sinnen vorgaukelten – oder?” Diese spöttische Entgegnung liess jeden Respekt vermissen, auch wenn sie für unsere säkulare Zeit typisch ist. Zudem war es grad am Karfreitag geschmacklos, auch weil sicher manch ein Christ zuhörte, der selbst mit seinen Angehörigen von Krankheit und Tod durch das Virus betroffen war.

Während in einigen Staaten die Zahl der Erkrankten und der Toten abnimmt, gibt es Länder, wo das Schlimmste noch bevorsteht, so in Afrika, wo parallel riesige Heuschreckenschwärme alles kahlfressen. Und überall versuchen Christen ganz praktisch und engagiert – oft unter Einsatz ihres Lebens – zu helfen. Nirgends und nie ist ihr Ziel, andere anzustecken; ohne Ansehen der Person lindern sie Not, bringen Heilung und Hilfe. Der Grund ist immer, dass sie selbst zuvor persönlich die Hilfe des lebendigen Gottes erfahren haben; ER ist für uns tag-täglich real. Jesus brachte das Licht der Gnade und der Liebe Gottes in diese Welt. Diese einzigartige Liebe geben wir gerne weiter, auch wenn man uns nicht versteht oder verachtet – Gottes Liebe bleibt ewig!

© Pfarrer Reinhard Möller