Corona-Krise – Christen sind nicht besser! (Teil-1)

»Was seid ihr so furchtsam, ihr Kleingläubigen!«

Matthäus 8,26  (Zürcher Bibel 2007)

Das Versammlungsverbot, das der Schweizer Bundesrat heute vor drei Wochen vorsorglich anordnete, gilt weiterhin, zumal die Corona-Krise noch längst nicht ausgestanden ist. In diesen Tagen feiert die weltweite Christenheit mit der Passionszeit ihre “höchsten Festtage”; um so mehr sind die christlichen Gemeinden betroffen, dass an Karfreitag und Ostersonntag keine Gottesdienste stattfinden dürfen. Deshalb möchte ich die Passionswoche hier zum Anlass nehmen, damit verknüpfte Themen aufzugreifen.

Unter Atheisten und anderen hält sich hartnäckig das Gerücht, Christen hielten sich für besser und würden glauben, deshalb einst in den Himmel zu kommen. Das Gerücht ist weit von der Wirklichkeit entfernt. Von Heinrich Kemner (1903-1993), so meine ich zu erinnern, stammt der Satz: »Christen sind nicht besser – aber sie sind besser dran!«. Wie ist das zu verstehen?

Wer seine Bibel ein wenig kennt, wird feststellen, dass sich unser Schöpfer nicht immer nur an “alle Menschen” wendet, sondern dass ER sehr oft konkret die anredet, die aus Gnade zu IHM gehören und durch Jesus zu einer persönlichen Beziehung zu IHM stehen. Das ist nicht nur der Kreis der zwölf Jünger und Apostel; dazu gehören alle Christen, aber auch Gottes Volk des Alten Testaments, Israel. Und sie alle werden von IHM oftmals stark ermahnt, getadelt und zurechtgewiesen. So nannte Jesus die mit IHM im selben Boot befindlichen Jünger, welche Angst hatten im Sturm mit dem Boot unterzugehen: »ihr Kleingläubigen«!

Lesen wir in den Evangelien die Augenzeugenberichte von dem, was Jesus Seine Jünger lehrte und was sie mit IHM erlebten, dann fällt uns in Bezug auf die Kreuzigung und Auferstehung des Sohnes Gottes staunend auf: Jesus wusste ganz genau, was auf IHN zukam, denn deswegen war ER ja Mensch geworden; und ER erläuterte dem Kreis der Jünger vorab, was mit IHM in Jerusalem geschehen würde – doch sie verstanden es nicht, sie nahmen es irgendwie nicht ernst. Prophetisch kündigte Jesus ihnen an, ER werde verhaftet, verspottet, ausgepeitscht und getötet werden, und am dritten Tag werde ER auferstehen. Nachdem ER ihnen dies das dritte Mal gesagt hatte, lesen wir bei Lukas: »… der Sinn der Rede war ihnen verborgen, und sie verstanden nicht, was damit gesagt war.« (Luk. 18,34). – Nachher war es dann klar, aber vorher erkannten sie nicht, was kommen sollte.

Doch Christen haben nicht nur Fragen, Zweifel, oder sind kleingläubig. Gottes Wort ermahnt Einzelne und ganze Gemeinden wegen Lieblosigkeit oder Heuchelei, Lüge oder Diebstahl, Neid oder Streiterei – das ist beschämend, doch es entspricht der Realität bis auf diesen Tag. Leider. Und deshalb ist das Wort zutreffend: »Christen sind nicht besser«! Die Heilige Schrift kehrt all dies nicht unter den Teppich, sondern sie schildert uns beispielsweise, wie Petrus dreimal Jesus verleugnet, obwohl er IHN persönlich kannte und obgleich er von Jesus gewarnt worden war!

Wunderbarerweise geht das Zitat weiter: »… aber Christen sind besser dran«; was bedeutet das? Christen sind Menschen, die all ihre Schuld und Sünde bei Jesus abgeladen haben. In IHM haben sie volle Vergebung empfangen – gratis, aus Gnade, weil Jesus selbst uns unsere Schuld abgenommen hat, sie auf sich nahm und stellvertretend sühnte. Vergebung von Gott bedeutet immer auch eine entlastete Seele, Versöhnung mit Gott, echten Frieden und ewiges Leben.

Niemand kann sich den Himmel verdienen; und jeder, der dort in Gottes Gegenwart sein wird, war hier im Leben nicht »besser« als andere, sondern ein Sünder wie jeder andere auch. Doch er hat den Rettungsring der Gnade Gottes in Jesus ergriffen, ihn nicht beiseite gestossen. Er hat ehrlich gebetet: »Gott, sei mir Sünder gnädig!« (Luk. 18,13) und dankbar den Zuspruch von Jesus gehört: »Dir sind deine Sünden vergeben« (Luk. 7,48). Das ist Gnade, gibt Hoffnung!

© Pfarrer Reinhard Möller