Corona-Krise – ist Gott nicht systemrelevant?

Die Toren sprechen in ihrem Herzen: »Es gibt keinen Gott«; verderbt, abscheulich ist ihr Treiben: da ist keiner, der Gutes tut.

Psalm 14,1  (Menge 1927)

Man liest nicht gerne, was David hier durch Gottes Geist schreibt; die Worte sind scharf, deutlich, unbequem – doch sind sie nicht auch für unsere Tage zutreffend? Er fährt fort: »Der HERR schaut vom Himmel herunter nach den Menschen, um zu sehen, ob da ein Verständiger wäre, ein einziger der nach Gott fragt. Doch alle sind sie abgewichen, insgesamt entartet; da ist keiner, der Gutes tut, auch nicht einer.« (VV. 2.3) In der gegenwärtigen Krisenzeit heisst das: “Gott ist überflüssig, ER ist nicht systemrelevant, wir benötigen IHN nicht.”! Eine derartige Haltung ist blanker Hochmut, doch weil der Mensch blind ist, ist ihm selbst das verborgen.

Vielleicht wird das Wort “systemrelevant” ja in wenigen Monaten zum “Unwort des Jahres 2020” erkoren, nachdem es jetzt grad das aktuelle Schlagwort ist. Die Regierungen der Schweiz und Deutschlands begründen mit dieser Klassifizierung, welcher Lebensbereich unserer Gesellschaft unbedingt weiter funktionieren darf – und alles, was die Etikette erhält, “nicht systemrelevant” zu sein, das wird stillgelegt: Arbeitsverbot, Produktionsverbot und geschlossen.

Angesichts der erschreckenden Zahlen von Corona-Infizierten hielt man die Entscheidungen der Regierungen für angemessen und notwendig – jedenfalls zuerst. Jetzt, wo man merkt, dass die Einschränkungen und Sperren vielleicht noch Wochen und Monate andauern könnten, verlauten erste kritische Rückfragen. Die Landwirtschaft bräuchte Erntehelfer und Saisonniers für die Aussaat; doch die Grenzen sind zu, was für die betroffenen Bauern katastrophal ist. Soeben heisst es: 40.000 ausländische Erntehelfer werden zur Spargelernte doch zugelassen. Der spontane Kommentar des Journalisten: “Wie systemrelevant ist eigentlich Spargel?”.

Jegliche Ernte ist zutiefst vom Segen Gottes abhängig, doch wer will das heute noch hören? Lieber sagt man, wir verdanken es “der Natur” oder “Mutter Erde”. Der Mensch hat bei sich “beschlossen”: »Es gibt keinen Gott«. Und unsere Regierungen entscheiden und handeln ganz nach dem Prinzip: “Gott ist nicht systemrelevant”! Deshalb wurden alle Kirchen geschlossen, Gottesdienste, Gebetsversammlungen und Bibelstunden verboten! Kirchenleitungen und Pfarrer wurden gar nicht erst gefragt; kein Wort mehr zur Trennung von Kirche und Staat; kein Aufruf der Regierungen zu einem Buss- und Bettag, um den einen lebendigen Gott anzubeten und um Sein Eingreifen zu bitten. Stattdessen schreibt die Obrigkeit mir auch diese Woche: “Gemeinsam schaffen wir das!” Worauf stützt sich diese Zusage, wenn unsere Mitmenschen seit Jahren meinen, sie kämen am besten ohne Gott aus?

In Österreich und Deutschland gibt es jetzt deutliche Kritik am Verbot der Gottesdienste. Diese richtet sich auch an die Kirchen, weil diese widerspruchslos ihre Gottesdienste absagten. Gunnar Schupelius fragt in der Berliner Zeitung: “Sollen die Kirchen denn auch zum Osterfest leer bleiben?” Das ist für ihn undenkbar, zumal in Deutschland zugleich Baumärkte und Supermärkte jetzt auch sonntags geöffnet sind, auch an Karfreitag und Ostern. Auch in Kirchen könnte man die Besucherzahlen regulieren, doch: “… eine Lösung wurde weder gesucht noch gefunden, denn Kirchen zählen nicht zur Grundversorgung. Tun sie das wirklich nicht?”.

Alle Ethik gründet im Wort Gottes, und die ist in dieser Pandemie in den Spitälern und der Gesellschaft täglich höchst aktuell. Wer Gottesdienste und Gebetsversammlungen verbietet, der raubt den Menschen die Stärkung und den Trost ihrer Seelen. Was “nicht systemrelevant” ist, gilt als nicht lebensnotwendig; wo aber Gott “überflüssig” ist, da geht ein Volk zugrunde.

© Pfarrer Reinhard Möller