Corona-Krise – bringt mehr Überwachung die Lösung?

Gott wird alle Werke vor Gericht bringen, alles, was verborgen ist, es sei gut oder böse.

Prediger Salomo 12,14 (Luther 1984)

Die Coopzeitung (31.3.2020) fragte die Philosophin Annemarie Pieper, ob angesichts der gegenwärtigen Krise ein Mehr an Überwachung des Einzelnen “ein legitimes Mittel” sei. Ihre Antwort: “Wenn das eine vorübergehende Lösung ist, dann halte ich es in einer Pandemie für legitim. Wenn jedoch der ganze Spuk wieder vorbei ist, muss die Überwachung sofort eingestellt werden. Sonst besteht die Gefahr, dass Machthaber Gefallen daran finden, den Bürgern auch nach der Krise zu zeigen, wo es langgeht. Eben mit diesen Mitteln, die die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen gefährden.”

Bei einigen Regierenden, Politikern und Journalisten in Europa besteht der Eindruck, China habe den Kampf gegen das Virus wohl gewonnen, und zwar dank rigoroser Massnahmen und massiver Überwachung der Bevölkerung. Sollten wir es jetzt nicht auch versuchen, mittels Überwachung der Handy-Daten Bewegungsprofile zu erstellen um Ansteckungswege nachvollziehen zu können, auch um eventuelle Menschenansammlungen zu entdecken und zu verbieten? Selbstverständlich würden die Daten anonymisiert und rasch wieder gelöscht; jeder sollte doch verstehen, dass es um einen sehr guten Zweck geht: das Eingrenzen und Stoppen der Corona-Pandemie …

China als Vorbild anzusehen ist jedenfalls absurd: Unter Xi Jinping hat sich dieser Staat als kommunistische Überwachungsdiktatur permanent weiterentwickelt. Obgleich mit gut 1,4 Milliarden Einwohnern kaum überschaubar, wird die individuelle Überwachung im alltäglichen Leben beständig ausgebaut, aus Angst, die Partei könnte die Kontrolle verlieren. Alle Religionen, insbesondere die Christen werden heute schlimmer unterdrückt und verfolgt als unter der Schreckensherrschaft von Mao. Jede Woche wachsen der Druck und die Not. Ob die Überwachung tatsächlich der Eingrenzung der Corona-Infektionen zugutekam ist angesichts einer Kampagne der Desinformation zweifelhaft; alle bisherigen Zahlen aus China sind nicht nachprüfbar. Vorbilder sollte man besser woanders suchen.

Wir lieben unsere Freiheiten, und wir möchten nicht durchleuchtet, überwacht und kontrolliert werden; auch nicht angesichts von Corona. Datenschutz ist uns ebenso wichtig wie andere Persönlichkeitsrechte. Dabei sind die meisten Zeitgenossen sich dessen nicht bewusst, dass ihrem Schöpfer, Gott, absolut gar nichts verborgen ist: ER kennt unsere Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; ER kennt all unsere Motive und Gedanken, ER kennt uns besser als wir uns selbst kennen. Und wenn ER uns ins Gewissen redet, dann deckt ER unsere verborgenen Sünden auf, bringt sie ans Licht. Das ist schmerzhaft, und zugleich heilsam – wenn wir uns dem stellen.

Dass aus meinem Inneren und meinem Leben Gott überhaupt nichts verborgen ist, hat zwei Seiten: ER weiss um meine Schuld, konfrontiert mich deshalb mit Gericht und Gnade, entweder – oder. Gerechtes Urteil oder volle Vergebung; deshalb lädt ER uns ein, zu IHM umzukehren.

Die andere Seite ist das, was jeden Christen ermutigt: Mein Schöpfer kennt alle meine Sorgen und Nöte, und ER allein hat alle Macht, etwas zu verändern. David betete so: »Herr, … mein Seufzen ist dir nicht verborgen. … Meine Lieben und Freunde scheuen zurück vor meiner Plage, und meine Nächsten halten sich ferne.« (Psalm 38,10.12). Wohl jeder Kranke hofft auf Genesung. Mitunter ist er so geschwächt, dass ihm die Worte zum Gebet fehlen – doch der lebendige Gott hört auch unser Seufzen. Und wenn uns selbst unsere Freunde wegen der »Plage« meiden, vielleicht auch meiden müssen, dann ist Jesus uns dennoch ganz nah!

© Pfarrer Reinhard Möller