Corona-Krise – doch die Jünger schlafen …

»Könnt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?
Wachet und betet, dass ihr nicht in Versuchung kommt!
Der Geist zwar ist willig, das Fleisch aber ist schwach.«

Matthäus 26,40.41    (Luther 1984 / Zürcher 1931)

Das allgemeine Versammlungsverbot gilt weiterhin, zumal die Corona-Krise noch längst nicht ausgestanden ist. In diesen Tagen feiert die weltweite Christenheit mit der Passionszeit ihre “höchsten Festtage”; um so mehr sind die Christen betroffen, dass an Karfreitag und Ostersonntag keine Gottesdienste stattfinden dürfen. So greife ich Themen dieser Passionstage auf. Heute geht es um das Geschehen vor dem Karfreitag:

Es sind die letzten Stunden vor dem Verrat und der Verhaftung von Jesus. Nachdem ER mit allen Jüngern in den Garten Gethsemane ging, nimmt ER drei von ihnen – Petrus, Jakobus und Johannes – mit sich abseits, um mit ihnen gemeinsam zu beten. ER ist angefochten, zittert, ist betrübt, doch anstatt mit IHM zu wachen, schlafen alle ein. Dreimal weckt ER sie, doch sie schlafen weiter. Jesus ist, so wie später am Kreuz, in Seinem Leidenskampf allein. Trotzdem gibt ER ihnen in Bezug auf Versuchungen und Anfechtungen noch den Rat: »Wachet und betet«!

Jesus weiss um unseren inneren Kampf zwischen Fleisch und Geist, und ER kennt unsere täglichen Anfechtungen und Versuchungen. Doch ER hat auch konkret verheissen: »Wenn zwei unter euch eins werden auf Erden, worum sie bitten wollen, so soll es ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.« (Matth. 18,19.20). Im Garten Gethsemane wären es die drei Jünger gewesen, im Gebet mit Jesus, dem Sohn Gottes – doch vor Traurigkeit und Müdigkeit schliefen sie ein; es scheint, dass sie gar nicht mitbekamen, dass ein Engel kam und Jesus stärkte.

Und was machen wir jetzt angesichts der Corona-Krise? 3,9 Milliarden Menschen haben ein Ausgehverbot, Hundertausende erkranken und Tausende sterben am Virus. Doch selbst dann erachten es einige nicht für notwendig, zu Busse und Gebet aufzurufen? Lässt uns das Leid Kranker, Sterbender und ihrer Angehörigen, wie das der Ärzte und Pflegenden gleichgültig? Berühren uns die Verbote von Gebetsversammlungen und Gottesdiensten gar nicht?

Der persönliche Aufruf Gottes, »Wachet und betet«, ist für uns bis zur Wiederkunft von Jesus unverzichtbar – allerdings nicht als blosse Redewendung, sondern als Lebenshaltung für jeden Christen. Des Christen Gebet ist der direkte Draht zum Thron des allmächtigen, allwissenden und allgegenwärtigen Gottes, der unser Schöpfer und Vater ist; das Gebet ist ein einzigartiges Vorrecht, das durch gar nichts ersetzt werden kann!

In der Bibel werden wir mehrfach zur Wachsamkeit aufgerufen, denn die Versuchungen zur Sünde sind zahlreich, wie auch die Verführungen durch Irrlehren aller Art. Ob der Papst sich ein Pestkreuz bringen lässt, um davor zu beten, ob man an die Wirksamkeit einer “wundertätigen” Marienmedaille glaubt oder ob man lehrt, die in Bayern und Österreich verehrte Heilige Corona sei die Patronin gegen Seuchen – all das sind abergläubische Irrlehren. Diese sind ohne jeden Wert, so wie wir vor Gott auch nichts mit irgendwelchen “guten Werken” erreichen können; und auch nicht mit brennenden Kerzen. Einzelne evangelische Kirchen schreiben: Wer nicht beten könne, der könne in der Kirche eine Kerze anzünden oder eine brennende Kerze vors Fenster stellen. Das ist weder biblisch, noch evangelisch; letztlich fördert das nur den Aberglauben. – Einen Tag vor Palmsonntag verbanden sich evangelische Christen in den USA und weltweit zum Fasten und Beten; sie wollten im Glauben beten und auf Gottes Wort in Psalm 10,17 vertrauen: »HERR, du hast das Verlangen der Gebeugten vernommen; du wirst ihr Herz stärken, du neigst ihnen dein Ohr zu.«. Es ist nicht Zeit zum Schlafen – es ist Zeit zum Wachen und zum Beten!

© Pfarrer Reinhard Möller