Du bist aufgefahren zur Höhe
und führtest Gefangne gefangen …
Zu fürchten bist du, Gott, in deinem Heiligtum.
Psalm 68,19.36 (Luther 1984)
Einige der an Jesus glaubende Juden meinten, sie seien niemals “Sklaven” gewesen; und etwas später meinten sie, Gott sei ihr “Vater”. Doch beide Male widersprach Jesus ihnen scharf: Sie seien doch Sklaven der Sünde; und da sie IHN töten wollten, seien sie Mörder und Lügner, weshalb Satan ihr Vater sei. – Schon Jahrhunderte zuvor und bis heute haben viele Menschen völlig falsche Vorstellungen über ihren eigentlichen Zustand. Sie meinen, sie seien “frei”, sind aber in Sünden gefangen. Andere denken, sie würden ihr “Leben” in Fülle geniessen, doch sie merken gar nicht, dass ihnen alles fehlt, was der Schöpfer in ihr Leben hineinlegen möchte. So bleibt vielen verborgen, was Jesus meint, wenn ER sagt: »Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei.« (Joh. 8,36/Luther 1984)
Einer lebt wechselnde sexuelle Beziehungen und denkt, das sei seine Freiheit; ein anderer lügt hier oder stielt dort, und zu sich selbst sagt er, das sei seine Freiheit; wieder ein anderer, der sich an staatlichen Ordnungen und gesellschaftlichen Werten orientiert, zugleich sicher ist, dass es Gott nicht gibt und er IHN ohnehin nicht nötig habe, spricht ebenfalls davon, er sei frei und es fehle ihm gar nichts zum Lebensglück – doch sie alle täuschen sich zutiefst!
Beim Propheten Jesaja findet sich ein Wort über den kommenden Messias, also ein Hinweis auf die Aufgabe, die mit dem ersten Kommen von Jesus verknüpft ist: Gott, der Vater, hat IHN berufen, »um blinde Augen zu öffnen, um Gefangene aus dem Kerker hinauszuführen und aus dem Gefängnis die, welche in der Finsternis sitzen.« (Jes. 42,7/Menge 1939) In Zusammenhang mit der Person Satans sprechen wir auch von der Macht der Finsternis; und das Leben in dieser Welt ist – ohne Gott – ein Leben in Finsternis, weshalb die Bibel davon spricht, dass Jesus das Licht der Welt ist. Ohne IHN ist jeder von uns ein Gefangener der Sünde, ein Gefangener unter der Macht Satans – und an dieser Realität ändern unsere Gefühle von “Freiheit” gar nichts.
Das am Anfang genannte Zitat aus den Psalmen wird vom Apostel Paulus im Epheserbrief zitiert, wobei Martin Luther übersetzte: »Er ist aufgefahren in die Höhe und hat das Gefängnis gefangengeführt und hat den Menschen Gaben gegeben.« (Eph. 4,8/Luther 1912). Diese Formulierung, das »Gefängnis gefangenführen«, hat Fragen aufgeworfen und zugleich wachgerüttelt. In der hier nötigen Kürze sei betont: Mit Seinem Kommen hat Jesus alle Macht der Finsternis besiegt und jeden Glaubenden aus Gnade aus der Gefangenschaft der Sünde befreit; das war Sein Ziel und das hat ER vollbracht! »Die Mächte und Gewalten hat ER ihrer Macht entkleidet und sie öffentlich zur Schau gestellt, ja im Triumphzug hat ER sie mit sich geführt.« (Kol. 2,15/Zürcher Bibel 2007) Und: »Dazu ist der Sohn Gottes erschienen, die Werke des Teufels zu zerstören.« (1. Joh. 3,8/Zürcher Bibel 1931) So beseitigte ER das Gefängnis!
Mit diesem Geschehen hat Christus zugleich – wenn auch in einer völlig anderen Dimension des Wortes – uns für sich “gefangen” genommen. Es sei erwähnt, dass Jesus zu Petrus sagte: »von jetzt an wirst du Menschen fangen« (Luk. 5,10; dasselbe Wort braucht Paulus 2. Tim. 2,26 für »vom Teufel gefangen«); doch Jesus nennt uns nicht “gefangene Fische”, sondern »Freunde« und »Erwählte« (Joh. 15,15.16), mit denen ER ewige Lebensgemeinschaft hat! Das Fundament dazu ist: Gott, der Vater, »hat uns errettet von der Macht der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich Seines lieben Sohnes, in dem wir die Erlösung haben, nämlich die Vergebung der Sünden.« (Kol. 1,13.14/Luther 1984) Der Empfang ewig versöhnender Gnade ist eine Befreiung aus dem Gefängnis der Finsternis, ein Wechsel unter die lichte Königsherrschaft von Jesus!
© Pfarrer Reinhard Möller